SWR2 CD-Tipp, Freitag, 28. Mai 2004, 17:50–18:00 Uhr

Heute: »Erik Satie. Le Samedi« mit dem Debussy Trio München.
Cavalli Records 2004, CCD 254, LC 05724

»Ogive Numéro Un« von Erik Satie in einer Bearbeitung für Flöte, Viola und Harfe wie sie das Debussy Trio München auf seiner gerade bei Cavalli Records erschienenen CD »Erik Satie. Le Samedi« vorstellt. Dabei folgen die Einspielungen einem interessanten Konzept. Leitfaden der CD ist die delikate Freundschaft zwischen Erik Satie und Claude Debussy, deren Lebensstil und deren musikalischer Horizont kaum gegensätzlicher sein könnten; das Spiel aus persönlicher Nähe und ästhetischer Distanz, aus Anziehung und Abstoßung, das ihrer Freundschaft eine ganz eigene Note verlieh. Nach Debussys Tod im März 1918 – Paris lag unter Fernbeschuss – schrieb Satie eine »Elégie à la mémoire de Debussy« und notierte: »Gleich nachdem ich ihn zum ersten Mal sah, fühlte ich mich zu ihm hingezogen und wünschte, immer in seiner Nähe zu leben. Während dreißig Jahren hatte ich das Glück, diesen Wunsch verwirklichen zu können.« Und umgekehrt: Erik Saties bekannte »Gymnopédies« für Klavier sind das einzige Werk eines anderen Komponisten, das Debussy je orchestriert hat.

Kennen gelernt hatten sich Satie und Debussy wohl um 1891 in der Auberge du Clou auf dem Montmartre, wohin Erik Satie allabendlich zu Fuß aus Arceuil pilgerte, um in dem Szene-Lokal als Klavierspieler und Chansonbegleiter ein wenig Geld zu verdienen. Kurz danach schickte ihm Debussy seine Baudelaire-Lieder in die ärmliche Mansarde in Arceuil. Und zwar mit der Widmung: »Für Erik Satie, den mittelalterlichen und sanften Musiker, der sich zur Freude seines Freundes Claude Debussy in dieses Jahrhundert verirrt hat.« Für die Biographen der beiden, war diese auf den ersten Blick unbegreifliche Freundschaft zwischen dem armen Schlucker und musikalischen Spinner Satie und dem angesehenen Komponisten, der in seinem Leben alles erreicht hatte, eine enorme Herausforderung. Was fand der geachtete Neutöner Debussy nur an diesem Klavierklimperer?

Die gegenseitigen Widmungen waren das eine. Viel wichtiger freilich wurden die »Samstage«. Denn samstags war Monsieur Le Pauvre Satie von nun an zu Gast in Debussys feinem Salon, wo der Hausherr in raffiniertem Ambiente und modischem Gout seine Freunde großzügig zu bewirten verstand. Für Satie immerhin Gelegenheit, eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen. Tatsächlich ist kaum ein größerer Gegensatz denkbar zwischen Saties ärmlichem Mansardenzimmer in jenem heruntergekommenen »Haus mit den vier Schornsteinen« in Arceuil und dem vom Teppich bis zu den Möbeln und zur Tapete in hellgrünem Ton gehaltenen und mit exotischer Kunst ausstaffierten Salon Debussys.

Le samedi – der Samstag in der Rue Gustave Doré, der flaschengrüne Salon und die beiden so ungleichen Freunde Satie und Debussy – das Münchner Debussy Trio übersetzt Saties Klavierstücke in die Klangsprache von Debussys bahnbrechendem Harfentrio und spielt mit den klangsinnlichen Pastelltönen, die mit dieser ungewöhnlichen Besetzung von Flöte, Viola und Harfe seit Debussy möglich geworden sind. Eine späte Hommage also an die raffinierte Klangkunst Debussys und an den Klavierspieler Satie: an die Fülle der Klangfarbe und an die weißen Patterns von Saties Klavierzeichnungen: Weiße Musik in hellgrünem Pastell: Satie mit Debussy.

Im CD-Tipp heute von Wolfgang Scherer: »Erik Satie. Le Samedi« mit dem Debussy Trio München. Die CD ist gerade bei Cavalli Records erschienen.